„Joschi findet einen Garten, so schön wie der, von dem er träumte. Er rodet und gräbt, er sät bunte Blumen und Radieschen, er baut eine Hütte und Herd und ist glücklich“.
Doch die Idylle trügt. Am Ende muss Joschis Garten doch der großen Bauunternehmung weichen und Joschi muss ihn wieder aufgeben. Kein Happy End, aber viele Learnings.
Joschis Garten von der Kinderbuchautorin Ursula Wölfel war mein Lieblingsbuch in Kindertagen. Die 1. Auflage, erschienen 1965 im HOCH-Verlag, Düsseldorf, hat tatsächlich immer noch einen Ehrenplatz in unserer Bibliothek zuhause.
Vor kurzem habe ich es noch einmal in die Hand genommen und gelesen. Ich wollte verstehen, warum es mir damals so ans Herz gewachsen ist. Was entdecke ich in meinen Memoiren? Eine Anregung, die ich aus Julia Camerons Buch „Es ist nie zu spät neu anzufangen“ mitgenommen habe, und später im Workshop mit Thomas Oetzmann zu seinem Thema Lebensteppich noch einmal aufgenommen hatte.
Der Titel täuscht ein wenig. Es geht nicht so sehr um die eigentliche Gartenarbeit. Die mag ich nämlich so gar nicht. In meinem Elternhaus hatten wir einen sehr großen Garten und ich hatte darin viele aufgetragene Aufgaben zu erledigen. Unkraut jäten, Steine auflesen, Rasen mähen und Ähnliches. Aber eben nicht, etwas Eigenes zu schaffen. Eine Ecke, die nur mir allein gehörte und für die ich auch allein verantwortlich sein durfte. Das war mein Traum und darin liegt die Verbindung zu dem Buch.
Heute erkenne ich, dass es für mich dabei um die Themen Selbstbestimmtheit und Selbständigkeit ging. Und das sind Merkmale, die mir heute noch – oder sagen wir mal: wieder – wichtig sind. Und genau das macht Joschi im Buch. Er baut sich seine eigene Welt mitten hinein in das Erwachsenen-Imperium der 60er Jahre.
Im Nachruf auf die Autorin schreibt Tilman Spreckelsen am 26.07.2014 in der FAZ: „Ursula Wölfels Helden sind sehr oft Kinder, die gegen Mauern anrennen oder mit der Ignoranz von Erwachsenen zu kämpfen haben, die kein Verständnis für die eigenen Gesetze kindlicher Weltsicht besitzen.“
Am Ende muss Joschi doch seine Grenzen erkennen und akzeptieren. Und gerade für mich mit meinem intrinsisch ausgeprägten Gerechtigkeitssinn ist eine Erkenntnis wesentlich:
➡ Die Welt ist nicht gerecht.
Und das habe ich schon als Kind in meinem Lieblingsbuch wahrgenommen.
Danke an Aldona Giesbrecht für ihre wunderbare und etwas andere Buchempfehlung, auch aus ihren Kindertagen, Anne of Green Gables. Sie war kürzlich auf LinkedIn zu lesen und Anregung für diesen Beitrag.