Hochbegabt?

Kommissionsmitglied – eine ehrenvolle Aufgabe.

Hochbegabt? Darüber spricht man nicht. Man ist es einfach (oder auch nicht), könnte man meinen. Es ist aber viel komplizierter.

Der Diskurs, den Teresa Werner zu diesem Thema bei LinkedIn diese Woche begonnen hat, hat mich sehr bewegt.

Die Studienstiftung des deutschen Volkes versteht sich ja als Hochbegabtenförderung im Studium. Als ich 1982 aufgenommen wurde, fühlte ich mich mehr in einer Sinnkrise als beflügelt und fragte mich, ob ich wirklich dazu gehöre. Ich hatte zwar sehr gute Noten und das Lernen fiel mir sehr leicht. Ich konnte auch unter Drucksituationen Leistung abrufen und hatte schon in frühen Jahren in meiner Teenagerzeit Führungsaufgaben als Fußballtrainer übernommen – aber hochbegabt? Wirklich?

Imposter oder nicht, das war die Frage.

Viele Jahre später, mitten im Berufsleben, hat mich diese Frage dann wieder eingeholt. Ich war im Rahmen eines Auswahlprozesses für eine Top-Führungsposition in London bei einem Intelligenztest gelandet. In einer abgedunkelten Einzelkabine – die Dunkelkammer werde ich nie vergessen! – hatte ich innerhalb einer Stunde drei Testszenarien zu durchstehen.

Bei der Mustererkennung hatte ich ein flaues Gefühl. Bei der verbalen Intelligenz intervenierte ich, weil der Test in Englisch für mich ein Kampf von Anfang bis Ende war. Gut, dass ich ihn noch einmal auf Deutsch absolvieren durfte. Nur die Logikreihen fühlten sich federleicht an. Ich hatte diesen Teil mit Freude und deutlich vor der gegebenen Zeit erledigt.

Das Ergebnis überraschte mich schon ein wenig – im positiven Sinn.

In einer Vergleichsgruppe mit Managern in ähnlichen Positionen waren meine Mustererkennung und verbale Intelligenz zwar gut, in der genannten Vergleichsgruppe aber nicht mehr als durchschnittlich.

Bei den Logikreihen sah ich mich in der Gauss Kurve dagegen ganz außen rechts. Ich war eine echte Ausnahme und mein Logisches Denken eine Super-Power. Wow, dessen war ich mir so noch nicht bewusst gewesen.

Diese Erkenntnis beflügelte mich sehr. Sie bestärkte mich in meiner Annahme, auch mit nicht vollständigen Informationen als Manager in die richtige Richtung nach vorne für eine gute Entscheidungsfindung denken zu können. Und dieses Wissen gab mir sehr viel Sicherheit und Selbstbewusstsein.

Also doch hochbegabt?

Das Thema ist komplex. Und die Antwort auf die Frage wirklich nicht so wichtig. Heute sehe ich die Balance zwischen den verschiedensten kognitiven Fähigkeiten und die Tatsache, dass man seinen Stärken vertrauen darf, und nicht so sehr auf den Durchschnitt achten sollte. Und die Begabung ist erst einmal ein Talent. Und daraus etwas zu machen, ist die wahre Herausforderung.

Der Studienstiftung bin ich für die gebotenen Möglichkeit sehr dankbar und zwar bis heute. Als Alumni der Studienstiftung e.V. profitiere ich von den Inspirationen eines großartigen Netzwerks und begleite auch die Aufnahme neuer Mitglieder innerhalb der Auswahlkommission. Das ist Verpflichtung und eine große Ehre. Ich nehme diese Verantwortung dafür sehr ernst.

Es ist eben ein sehr komplexes Thema und niemals leicht.

➡ Oder wie siehst du das?

Ich bin Bernd Scharbert und meine Aufgabe als Mentor und Begleiter von Führungskräften ist es, dafür zu sorgen, dass globale, interkulturelle Teams, die virtuell zusammenarbeiten, erfolgreich sind.

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