Ein Schattensprung

Wir, meine Frau und ich, sind in Ecuador mit dem Tren de Libertad von Otavalo nach Salinas unterwegs. Bevor wir über die große Bogenbrücke rattern, gibt es für den Zug noch einmal eine Verschnaufpause und für die Touristen einen Fotostopp.

Wir steigen aus. Es ist sehr heiß. Die Sonne steht hoch, kaum eine Wolke am Himmel.


Auch der Zugbegleiter ist ausgestiegen und inspiziert die Lage.

„Das gibt es doch nicht! Wo ist denn sein Schatten?“

Tatsächlich fehlt er. Oder genauer gesagt. Der Zugbegleiter steht senkrecht darauf. Auf dem Bild kann man es erahnen. Faszinierend. Der Mensch ohne Schatten. Wir probieren es aus und es gilt auch für uns. Es ist zwölf Uhr Mittagszeit und wir sind ganz nahe am Äquator.

 

Meine Mutprobe steht noch bevor. Ich muss im Zug diese Schlucht überwinden und in den Abgrund schauen. Ich bin nicht schwindelfrei.

Meine Frau lacht. „Na ja, dann musst du halt mal über deinen Schatten springen. Und das wird dir hier ja nicht schwerfallen. Denn hier und jetzt ist das kein großer Sprung.“

Über den eigenen Schatten zu springen, ist eine deutsche Redewendung. Und zwar dann, wenn man vor einer Situation steht, die man meistern will, aber sich noch nicht so recht traut.

➡ Kennst du auch eine Redewendung für eine solche Situation in deiner Sprache?

Für mich jedenfalls ist eines klar geworden. Ich suche mir für meine zu meisternden Situationen Ort und Zeitpunkt so aus, dass mein Schatten nicht zu groß ist und mir der Sprung deshalb nicht so schwerfällt.

Danke an Miriam Anna Umhauer für einen kürzlichen Beitrag auf LinkedIn (https://lnkd.in/eAvPsPbw), der Inspiration zu diesem Post war.

Bei Interesse begleite ich Führungskräfte, die global eingesetzt sind oder Lösungen in interkulturellen Situationen entwickeln dürfen.

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